Umstrittene Cholesterinsenker: Statine

Statine galten lange als Wunderwaffe gegen erhöhte Cholesterinwerte. Der Wirkstoff senkt einen hohen Cholesterinspiegel schnell und wirksam. Gleichzeitig werden die Cholesterinsenker immer wieder Gegenstand von heftigen Diskussionen: Wem helfen die Statine und wie schlimm sind die Nebenwirkungen?

Wie hängen der Cholesterinspiegel und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammen?

Gut fürs Herz: Regelmäßige Kontrolle beim Arzt und ein niedriger Cholesterinspiegel. Foto: © Alexander Raths – Fotolia.com

Wie gefährlich ist ein erhöhter Cholesterinspiegel?

Es sind noch immer nicht alle Zusammenhänge zwischen Cholesterin, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der passenden Medikation erforscht. Nicht nur die Gefahr, die von erhöhten Cholesterinwerten ausgeht, wird seit geraumer Zeit hinterfragt. Neuen Studien zufolge verursacht ein hoher Cholesterinspiegel allein keine Herz-Kreislaufkrankheiten. Es liegt vielmehr am komplexen Zusammenspiel mit anderen Risikofaktoren. Nichtsdestotrotz ist ein erhöhter Cholesterinspiegel im Zusammenhang mit Übergewicht, Diabetes oder Rauchen ein Warnsignal.

Deshalb sollten Sie bei erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf Ihre Cholesterinwerte achten. In diesem Fall verzichten Betroffene am besten auf das Rauchen und ändern ihren Lebensstil: Eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und Stressvermeidung lassen die Cholesterinwerte schrumpfen. Sie gelten als erste Maßnahme zur Senkung des Cholesterinspiegels.

Lebensrettende Statine?

Falls das nichts hilft, verschreiben Ärzte oftmals die sogenannten Statine. Der Wirkstoff hilft vielen Menschen mit erhöhten Cholesterinwerten. Statine hemmen die körpereigene Produktion von schädlichem LDL-Cholesterin. Das LDL ist ein Lipoprotein, das das Cholesterin durch den Körper transportiert und in die Zellen einlagert. So entstehen unter Umständen Gefäßverkalkungen und damit Herz-Kreislaufkrankheiten.

Darüber hinaus scheinen Statine entzündungshemmend zu wirken. Vor allem bei Leuten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wirken die Cholesterinsenker lebensrettend. Der Wermutstropfen: Statine haben starke Nebenwirkungen. Es gab immer wieder Fälle von Muskelschädigung und Nierenversagen durch die Einnahme von Statinen.

Reißender Absatz trotz Skandal

Viele erinnern sich dabei an den Lipobay-Skandal im Jahre 2001. Lipobay bezeichnet ein cholesterinsenkendes Arzneimittel, das zur Gruppe der Statine gehört. Der Pharmakonzern Bayer musste das Medikament vom Markt nehmen. Über 50 Menschen starben an Muskel- und Nierenversagen nach der Einnahme von Lipobay in Kombination mit einem anderen Medikament.

Der Absatz von Bayer brach deshalb kurzzeitig ein. Trotzdem sind Cholesterinsenker für die Pharmaindustrie eine gute Einnahmequelle. 2011 war ein Cholesterinsenker mit dem Wirkstoff Atorvastatin weltweit das Medikament mit dem stärksten Umsatz.

Neue Leitlinie?

Im November letzten Jahres gaben US-amerikanische Fachärzte eine neue Leitlinie heraus: Statt einfach nur bei erhöhten Cholesterinwerten mit Statinen zu behandeln, empfehlen sie, das Medikament stattdessen Patienten mit erhöhtem Schlaganfall- und Infarktrisiko zu verschreiben. Die Begründung: Statine wirken am besten bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, während eine Therapie wegen eines erhöhten Cholesterinspiegels allein nicht immer nutzbringend ist.

Demzufolge sollten vor allem folgende Gruppen eine Behandlung mit Statinen erhalten:

  • Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes,
  • Menschen mit stark erhöhten LDL-Werten im Blut,
  • Menschen mit einem um 7,5 Prozent erhöhtem Schlaganfall- und Infarktrisiko.

Den Sinn dieser Vorgaben diskutieren die Experten jedoch gerade: Vor allem die letzte Gruppe ist sehr schwer zusammenzufassen. Wer besitzt eigentlich ein um 7,5 Prozent erhöhtes Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt? Deswegen haben die Ärzte ein Mess-Schema herausgegeben, das dieses Risiko erfassen und kategorisieren soll. Allerdings kritisierten Forscher der Harvard Medical School dieses Schema: Es sei zu weit gefasst, sodass mehr Menschen als notwendig als behandlungsbedürftig eingestuft würden.

Wie gehen die Patienten damit um?

Durch den Lipobay-Skandal sind viele Patienten vorsichtig geworden. Das ergibt ein strukturelles Missverhältnis: Viele Patienten nehmen aus Angst vor den Nebenwirkungen nicht die verordnete Dosis, während andere Statine einnehmen, die sie nicht bräuchten. Um Nebenwirkungen zu vermeiden, gilt: Abhilfe schafft eine regelmäßige Kontrolle beim Arzt.

 

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